Leif is life

Leif in Concert

+++ Rezension zum Film »Leif in Concert Vol.2« +++ Interview mit Schauspieler Gerdy Zint +++ Oliver Lozano liebt den Soundtrack +++

Christian Klandts »Leif in Concert Vol.2« hat was Sentimentales. Der Film entstand im prä-pandemischen Jahr 2019 und zeigt kammerspielartig die junge Wirtin einer Kellerkneipe, die nach längerer Abwesenheit versucht, den Barbetrieb am Laufen zu halten. Es gibt kleinere Probleme, Kneipengespräche sowie den Umstand, dass im allgemeinen Trubel vergessen wurde, dass Tanzverbot ist. Und das einem Tag, an dem ein Konzert angesetzt wurde. Blöde Sache. 

Das Ganze wäre also ein durchaus unterhaltsamer, in seiner Art und Weise aber möglicherweise unauffälliger Film – jedoch mit einem beeindruckenden Cast (worauf wir später nochmal zurückkommen). Wäre da nicht die Pandemie! Denn die macht aus diesem Kinofilm ein kulturell bedeutsames und emotionales Stück Zeitgeschichte.

Wir, die wir noch mitten in der Pandemie stecken, vermissen nämlich genau dies: eine coole Kneipenhöhle mit Menschen, Musik, Drinks und Tanz. Mit Freude, Singen, Lachen und Ausgelassenheit. Wir vermissen Gespräche an der Bar, das Beklatschen eines Konzerts und das feucht-fröhliche Miteinander in einer Kellerspelunke. 

Und so fasziniert uns dieser Film, weil man einen Blick erhaschen kann auf eine längst vergangene und zugleich sehnsüchtig erwartete Zeit. Es ist wie eine Reise: vor und zurück im selben Moment. 

Foto: Mike Auerbach, Grafik: Propaganda B / Lischke&Klandt
Bild Credit: Mike Auerbach, Grafik: Propaganda B / Lischke&Klandt

Was sagt Oliver? Er sagt: Ein typischer Episodenfilm

Filmemacher Oliver Lozano ist begeistert von der wunderbaren Jazz- und Blues-Musik – besonders vom Mississippi-Country-Blues, der am Ende gespielt wird (den Soundtrack gibt’s übrigens auch auf Vinyl).
»Der Film ist eine ausgezeichnete Milieu-Studie – was den Europäern meist besser gelingt als den USA«, sagt er,
»Ein Episoden-Film wie aus den 60er Jahren: Eigentlich geht es um nix, als um die Charaktere.«

Der Film ist eine Liebeserklärung an den Mikrokosmos »Kneipe« mit ein paar Längen und wenig dramaturgischer Tiefe, die einen mitreißen könnte. Spannung liegt einzig in der Frage: Findet das Konzert statt oder nicht? Der Film sprudelt leicht bekömmlich vor sich hin bis zum großen Finale auf der Bühne.

»Leif in Concert Vol.2« erhält 3,5 von 5 Sternchen

Ein »Film mit Freunden«

Auf www.leifinconcert.de heißt es als Produktionsnotiz: »Wir hatten ein kurzes Zeitfenster für die Produktion und den großen Wunsch, viele unserer bisherigen Weggefährten durch die Filmwelt und Freunde zusammenzubringen und einen Film über unseren Lieblingsort zu drehen: die Stammkneipe, diese Bar, die jeder kennt, das verlängerte Wohnzimmer, wo Du Dich zu Hause fühlst, wo Du sein kannst, wie Du bist.«

Und da wären sie, die Freunde: Luise Heyer als die zerbrechliche, am Ende doch tatkräftige Wirtin. Sie kümmert sich trotz persönlicher Krise aufopfernd um die Kneipe und deren eigentlichen Besitzer, Klaus Manchen. Sie hegt und pflegt ihre Gäste: Nutzlose-App-Erfinder Bela B genauso wie Jule Böwe (»Ich find’ die Idee beschissen«). Dr. Mark Benecke (als er selbst) oder Martin Gotti Gottschild (»Ich hoffe ja insgeheim immer noch auf die Wasserstoffbombe«). Und sie hat äußerst unterhaltsame Türsteher, wovon der eine von einer Karriere als Luftgitarrist träumt: Gerdy Zint.

Foto Credits: Bild li. & re.: Hendrik Gergen // Bild Mitte: Volkan Türeli & Gerdy Zint, Mike Auerbach / Lischke&Klandt

Drei Fragen an Gerdy Zint

Es drängten sich wie immer ein paar Fragen auf. Der Berliner Schauspieler Gerdy Zint hat Antworten dazu.

1. Gibt es Kneipen wie in »Leif in Concert« überhaupt noch?
Das alte »White Trash«, als es damals noch in der Torstraße war, hatte für mich so einen Flair. Mit dem Wechsel an den Rosa-Luxemburg-Platz verlor es an Charme – auch weil es größer und kommerzieller wurde. Durch den Umzug in den »Festsaal Kreuzberg« wurde es dann nochmals zu einer ganz anderen Nummer.
Doch ich danke dem Inhaber Wolli, dass ich dort meinen »Tatort« zeigen durfte! Ein toller Abend mit Freunden und Kollegen.
Ich denke, dass viele Betriebe, die nicht den »Weg des Wachstums« gegangen sind bzw. gehen, es gerade jetzt noch schwerer haben. Berlin war schon immer eine Kneipen-Stadt – dies geht nach und nach verloren.

2. Möchtest Du mal wieder auf eine Theaterbühne?
Die »Schaubühne Berlin« ist der Stall, aus dem ich komme. Dreizehn Jahre durfte ich dort die Bretter betreten, die die Welt bedeuten. Thomas Ostermeier und Uta Plate sind seit fünfzehn Jahren meine Mentoren. Ich arbeite vor der Kamera, was mir viel Freude bereitet. Jedoch vermisse ich die Nähe zum Publikum und das Adrenalin vorm Auftritt: das »wahre Schauspiel«.
Ich werde irgendwann wieder auf der Bühne stehen, doch kann ich nur nicht sagen, wann das sein wird.

3. Was sind deine Pläne für 2022?
Dieses Jahr werde ich weiter an meinem Rollenprofil feilen: Ich möchte etwas weiter weg vom »Lieblings-Bösewicht«. Konzentriertere, etwas ruhigere Charaktere finde ich mittlerweile interessanter.

Danke Gerdy!

🥳 ÜBRIGENS:
»Leif in Concert – Vol.2« feierte seine Weltpremiere beim Filmfest München 2019 und gewann dort den Förderpreis Neues Deutsches Kino für die beste Produktion. In der Jury saßen Alfred Holighaus, Claudia Steffen und Melika Foroutan.

Film Tipp Rezension Sucy Pretsch🍿 FILM-TIPP: Wenn Du den Film »Coffee and Cigarettes« magst, gefällt Dir auch »Leif in Concert Vol.2«. 


Habt Ihr das Interview mit Filmemacher und Fotograf Oliver Lozano schon entdeckt? ➡️ Hier entlang! 
Auch mit Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke aka »Dr. Made« konnte ich ein kurzes Autoren-Interview führen.


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