»Der Schwarm«: Erfolgreich, hochgelobt und kritisiert – deshalb oder trotzdem wird’s wohl keine Fortsetzung geben

Das ZDF Serienhighlight nach dem Bestseller von Frank Schätzing Rezension von Sucy Pretsch ZDF und Staudinger + Franke / [M] Serviceplan.

+++ Kritik und Begeisterung bei den Zuschauern +++ Autor Frank Schätzing: »Man klebt am Zeitgeist der Vorlage« +++ In der ZDF Mediathek millionenfach gestreamt +++ Wohl keine 2. Staffel – Review von Sucy Pretsch

Ganz schön erfolgreich: Frank Schätzings Roman »Der Schwarm« hat bereits vor fast 20 Jahren einen sensationellen Erfolg gefeiert und zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Mit einer Übersetzung in 27 Sprachen und Millionen verkaufter Exemplare hat das Buch bewiesen, dass es zu den absoluten Bestsellern gehört. Heute, fast zwei Jahrzehnte später, hat die gleichnamige Serie aufgrund ihrer hohen Ambitionen das Potenzial, den Erfolg des Buches sogar zu übertreffen. Die ZDF-Mediathek hat noch nie zuvor eine Serie erlebt, die so erfolgreich gestartet ist wie diese, und auch der TV-Start am 6. März hat Millionen von Zuschauern vor die Bildschirme gelockt. So kann übrigens auch ein Klimawandel-Approach gehen – ganz anders als der Weg, den z.B. die »Letzte Generation« geht (siehe auch hier im Blog das Interview mit den Aktivisten).

Auto Frank Schätzing ist eigentlich ein schüchterner Mensch

Ganz schön kreativ: Schätzings kreatives Potenzial ist von beeindruckender Größe, er ist ein wahres Multitalent: Er verfasst Bestsellerromane und rockt die Bühne. Er tritt vor riesigen Menschenmassen auf, singt und spielt in schummrigen Bars. Als Chef einer Werbeagentur tätig und als Unterwäschemodel aufgetreten, kennt Schätzing keine Grenzen zwischen den verschiedenen Künsten. Er tut, was ihm gefällt und zeigt dabei gekonnt sein Können.

Ganz schön dick: Seine Bücher sind alle von opulenter Dicke, wie beispielsweise “Der Schwarm” mit 1008 Seiten, “Limit” mit 1328 Seiten, “Breaking News” mit 976 Seiten und “Die Tyrannei des Schmetterlings” mit 736 Seiten. Seine Lesungen sind beeindruckende Multimediashows und er füllt spielend große Hallen. Er komponiert Musik und ist ein wahrer Entertainer. Im Interview mit dem ZDF sagt er jedoch auch, dass er tief im Inneren ein schüchterner Mensch sei, allerdings mit Liebe zum Leben. Es sei »vielschichtig, umkalkulierbar, überraschend, kontrovers, schroff und schräg« — genau wie es sein solle.

ZDF und Steffen Bohn Die Dokumentation "Frank Schätzing – Mein Schwarm" stellt den Bestsellerautor vor. // Foto Credit: ZDF und Steffen Bohn Rezensionen Sucy Pretsch
Die Dokumentation “Frank Schätzing – Mein Schwarm” stellt den Bestsellerautor vor. // Foto Credit: ZDF und Steffen Bohn

Schätzing übt Kritik an der Buchverfilmung

Ganz schön kritisch: Der 66-Jährige äußert sich nach den Dreharbeiten allerdings nicht so begeistert von der Inszenierung. Das größte Problem sei seiner Meinung nach, das man »es nicht verstanden hat, den Stoff zu modernisieren«. Man klebe zu sehr am Zeitgeist der Romanvorlage – immerhin haben sich die Zeiten seit 2004 ziemlich verändert. Der Klimawandel ist im Laufe der Jahre im Bewusstsein der Menschen angekommen. Tja, auch etwas derart erfolgreiches ist doch nicht unbedingt »etwas Großartiges«. Doch lässt sich der enorme Erfolg der achtteiligen Serie vermutlich auch nur durch die Veränderung der Gesellschaft erklären.

In der ZDF Mediathek millionenfach gestreamt

Am 22. Februar 2023 hat das ZDF die ersten drei Episoden von »Der Schwarm« in der Mediathek veröffentlicht. Die restlichen Episoden folgten am 1. und 8. März. Später hat das ZDF verkündet, dass die Serie über 30 Millionen Online-Aufrufe verzeichnen konnte, wovon jeweils rund zwei Millionen Klicks auf die ersten beiden Folgen entfallen. Kein anderes Format konnte wohl jemals zuvor einen so triumphalen Streaming-Start verzeichnen. Gegen Ende der Serie gingen sowohl im Stream als auch bei der TV-Ausstrahlung Zuschauer*innen verloren.

Achtung, Spoiler! Das könnte zum einen an der etwas langatmigen Erzählweise liegen – vielleicht wären fünf statt acht Folgen genug gewesen. Zum anderen wird die Story gegen Ende sehr, sagen wir mal, phantasievoll und ziemlich unwissenschaftlich. Somit gibt es meiner Meinung nach einen Knick vom naturwissenschaftlichen Ansatz hin zu der biologischen Intelligenz, der es gelingt, die Menschen aus dem Meer heraus anzugreifen. Die Menschheit schlägt zurück wie sie das in Science Fiction-Filmen meist tut: mit einer Waffe. In »Der Schwarm« gelingt es den Wissenschaftlern jedoch, Frieden zu schließen. Zumindest suggeriert einem dies das offene Ende.

Der Schwarm Making Of // ZDF und Fabio Lovino

»Der Schwarm«: Wohl keine 2. Staffel – Review von Sucy Pretsch

Apropos Ende: Auch wenn das Finale der 8. Folge Raum für Phantasien einer Fortsetzung lässt, könnten Fans vergeblich hoffen. Obwohl die Produktion von 40 Millionen Euro für das ZDF sowohl durch gemischte Kritiken als auch die öffentliche Distanzierung von Frank Schätzing viel Gegenwind erfahren hat, hat sie sich letztendlich als Streaming-Triumph erwiesen. Die Frage nach einer 2. Staffel ist also durchaus berechtigt.

Programmdirektorin Nadine Bilk äußert sich in einem Interview mit »Blickpunkt:Film« kritisch dazu: »Bei so großen Event-Serien ist das immer eine schwierige Abwägung. Wir schaffen mit den großen Event-Serien eine große Aufmerksamkeit über viele Zielgruppen hinweg. Aber die Erfahrung lehrt, dass nur in Ausnahmen zweite Staffeln ähnliche Niveaus erreichen können.« Ganz vom Tisch scheint die Idee allerdings nicht zu sein, denn Bilk ergänzt auch: »Aber da geht es klar um die Investition und was man sich davon verspricht. Wenn es eine überzeugende Idee gibt, machen wir weiter, sonst machen wir lieber etwas Neues.«

Roscovitz (Klaas Heufer-Umlauf) // Foto Credit: ZDF und Andreas Franke

Nachtrag: Klaas Heufer-Umlauf wirkt wie Film-Praktikant

Ganz schön schade: Klaas Heufer-Umlauf ist begeistert von der Serien-Produktion von »Der Schwarm«, so äußert er sich jedenfalls in einem Interview mit t-online. In der komplett auf englisch gedrehten Inszenierung spielt er den Leiter einer Tauchstation. Um in diese Rolle zu schlüpfen, verbrachte er mehrere Wochen in Italien und absolvierte dort zwölf Drehtage. Allerdings fällt er auf unter den durchweg sehr guten Schauspielern des Drehs. Er wirkt steif und teilweise unsicher. Der sonst so extrovertierte Entertainer verliert in der Rolle seine Strahlkraft und wirkt ein bisschen wie ein Schauspiel-Praktikant.


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